Es gibt Phasen im Leben, da wird alles kurz still. Nicht, weil nichts passiert – sondern weil etwas beginnt. Und genauso fühlt es sich bei mir grade auch an. Ich lebe jetzt in der Dormitio Abtei in Jerusalem und das für ein halbes Jahr. Und wenn ich ehrlich bin, bin ich gespannt darauf, was das mit mir macht. Aber genau das und vieles weitere könnt ihr, liebe Leser und Leserinnen, in diesem Blog nachlesen, der hier wöchentlich erscheinen wird. Hier werde ich Gedanken, Beobachtungen, Eindrücke und alles mögliche während meiner Zeit im Heiligen Land festhalten.
Vorab kurz zu mir: Ich bin Arthur, 20 Jahre alt, komme gebürtig aus Hamburg und bin normalerweise Student in Köln. Allerdings habe ich beschlossen zwischen zwei Semestern einfach mal eine Pause einzulegen und bei dem Projekt "Klosterzeit" teilzunehmen. Warum ich das mache? Vielleich fragt ihr euch das. Schließlich passiert so ein 6 monatiger Klosteraufenthalt nicht rein zufällig. Für mich ist es eher eine Einladung mal aus dem Gewohnten, dem Alltäglichen auszusteigen und in eine ganz neue Welt einzutauchen. Eine Welt voller neuer, interessanter und spannender Kulturen, Menschen, Religionen, Traditionen und vor allem eine Welt, in der der Glaube und die Beziehung mit Gott eine bedeutende Rolle spielt.
So - jetzt beginne ich aber mal mit meiner ersten Woche. Am Mittwoch dem 15. April bin ich in Tel Aviv angekommen und bin netterweise von Pater Simeon am Flughafen abgeholt worden. Die Fahrt nach Jerusalem dauerte, da ich in einer ganz besonderen Zeit im Heiligen Land angefangen habe. Nicht nur feierten die West- und Ostkirchen am selben Tag Ostern, auch die jüdische Pessachwoche fiel auf ein ähnliches Datum. Deshalb war Jerusalem die ersten Tage meines Aufenthalts brechend voll und die Fahrt dauerte entsprechend lange.
 |
Gang nach Gallicantu |
Alltag? Gibt es nicht. Noch nicht. Die Klosterroutine liegt vorerst außer Reichweite, irgendwo hinter Festtagen und Liturgie. Stattdessen gab es erstmal die heiligen Tage und damit auch allerlei Besonderheiten im Tagesablauf. Am nächsten Tag, dem Gründonnerstag, habe ich zusammen mit einem anderen Klosterzeitler und einem Oblaten des Klosters die Altstadt Jerusalems erkundet. Genauer gesagt die Via Dolorosa, der Leidensweg Jesu Christi. Die Stadt ist genauso schön wie beeindruckend. Jerusalem hat mit all den Bauten und Heiligtümern verschiedenster Religionen eine Tiefe, die man nicht erklären, sondern nur erleben kann. Die Stadt trägt Jahrhunderte, oft sogar Jahrtausende an Geschichte in jeder Mauer und gleichzeitig - und gleichzeitig das Chaos des Alltags in jeder Gasse. Alle möglichen Formen des Christentums, des Islams und des Judentums sind hier vertreten. Abends haben wir dann, zusammen mit massenhaft anderen Christen, den Gang nach Gallicantu vom Garten Gethsemani aus mitgemacht.
Am nächsten Tag war dann Karfreitag mit der Karfreitagsmesse in der Dormitio Kirche und einer weiteren Karfreitagsprozession in der Grabeskirche, an der wir auch teilgenommen haben. Der Karsamstag vergeht eher still und dann folgt das große Fest. Ostersonntag beginnt um 0:00 für uns in der Dormitio mit Licht, Klang und ganz wichtig: Auferstehung. Obwohl die Feier der Osternacht gut 4 Stunden anhält, erscheint mir kein Moment der Liturgie zu lange. Ich ministriere auch, was für mich ziemlich neu ist, mir aber gefällt. Als dann um 4 Uhr morgens die feierliche Messe vorbei ist gibt es noch einen kleinen Osterempfang in der Cafeteria, den ich allerdings verpasse, da ich müde ins Bett falle. Um 11:00 Uhr geht es dann weiter mit dem österlichen Pontifikalamt und danach gibt es köstliches Mittagessen und der Tag nimmt seinen Lauf.
 |
Gang nach Emmaus |
Am nächsten Tag machten wir uns auf den Weg nach Emmaus-Nicopolis. Einem der möglichen Emmaus-Stätten. Ob genau dieses Emmaus auch das Emmaus aus der Bibel ist, kann grade wohl niemand zu 100% belegen, aber das ist auch nicht so wichtig. Wir machen uns also auf den Weg nach Emmaus. Etwas mehr als 30 km geht die Wanderung durch Berg und Tal, Landschaft und Stadt, Schatten und Sonne. Erfüllt von guten Gesprächen und Ermüdung vom vielen Wandern, kommen wir in Emmaus an. Eigentlich wollte der lateinische Patriarch von Jerusalem zur Messe kommen - konnte dann wegen dem Tod des Papstes leider doch nicht. Nichtsdestotrotz wurde die Messe gefeiert. Es gab sogar Kuchen, weil der Patriarch Pierbattista Pizzaballa (der italienischste Name den ich je gehört habe), an dem Tag auch noch Geburtstag hatte.
Am Dienstag habe ich dann das erste mal richtig den Klosteralltag erlebt. Beten, arbeiten, essen. In meiner freien Zeit habe ich weiter Jerusalem erkundet. Ich habe die Klagemauer angeguckt, die nur etwa 10 Minuten zu Fuß vom Kloster entfernt ist.
Am Mittwoch konnte ich den Patriarchen dann doch noch einmal sehen, bevor er nach Rom fliegt (er ist auch Kardinal und vielleicht auch der nächste Papst). In einem Requiem für den verstorbenen Papst Franziskus, in der Grabeskirche waren wir als Klostergemeinschaft dabei. Es war ziemlich voll und man hat wenig verstanden, doch trotzdem beeindruckend, wie viele Leute für den Papst gekommen sind.
Danke für das Lesen bis hierhin :)
Hier unten sind nochmal einige Eindrücke, die ich, über die Tage in Jerusalem mit meiner Handykamera, eingefangen habe:
 |
Zionstor in Jerusalem |
 |
Grabeskirche von Außen |
 |
Blick vom Balkon |
 |
Österlich dekorierte Straße |
 |
Hier ist Jesus gegangen |
Kommentare
Kommentar veröffentlichen