Woche 2: Eindrücke zwischen Alltag und Geschichte

Willkommen zurück, liebe Leser und Leserinnen.

Die vergangene Woche war eine bunte Mischung aus Routine und kleineren Ausflügen innerhalb Jerusalems, so wie es hier wahrscheinlich noch häufiger der Fall sein wird. Auch wenn nicht jeder Tag spektakulär war, haben sich doch einige besondere Momente und spannende Eindrücke ergeben, von denen ihr gleich lesen werdet.

Ich beginne einfach mal chronologisch da, wo ich letztes mal aufgehört habe: Am Donnerstag ist nichts besonderes passiert. Ich war im Kloster und habe da mitgebetet, mitgearbeitet und mit gelebt. Da es sonst nicht so unglaublich viel spannendes von dem Tag zu erzählen gibt, nutze ich einfach mal die Chance und beschreibe grob, wie denn so ein ganz normaler Werktag im Kloster hier für mich aussieht, wenn grade keine Feste oder Heilige Wochen sind:

Ich stehe morgens gegen 06 Uhr auf und gehe in die Kirche, denn um 06:15 beginnen die Vigilien, die erste Gebetszeit des Tages. Für etwa 20 bis 25 Minuten werden dort von uns, also dem anderen Klosterzeitler, möglichen Gästen (die sich so früh morgens meistens noch nichts aus dem Bett wagen), und den fünf Mönchen des Klosters verschiedene Psalmen, Hymnen, Antiphonen und noch mehr im Chor gesungen (=Gregorianischer Choral) und mehrere Lesungen rezitiert. Dann gibt es eine stille Zeit bis 07 Uhr, in der man beten, lesen oder auch einfach nur nachdenken kann. Ich persönlich lese da aktuell ein Büchlein zur Benediktsregel, nach der die (Benediktiner-) Mönche im Kloster hier leben. Um 07 Uhr beginnt dann die zweite Gebetszeit - die Laudes. Nach dieser gibt es dann Frühstück, welches ich später um 08:30 abräume und dann gleichzeitig den Tisch für das Mittagessen decke. Darauffolgend habe ich entweder frei oder kriege eine Aufgabe im Kloster, die sehr vielfältig sein können. Ich helfe viel in der Bibliothek - Bücher einsortieren, aussortieren, stempeln und etikettieren -, auch gibt es eine Cafeteria für Touristen, in der ich manchmal aushelfe und abgesehen davon, gibt es immet wieder verschiedene Aufgaben, die ich gut erledigen kann.

Um 12:15 ist dann die Mittagshore, die nächste Gebetszeit. Anschließend daran gibt es Mittagessen und danach eine Mittagspause. Dann geht es wieder an die Arbeit bis 18:00 Uhr. Um 18:00 Uhr ist die Vesper mit Eucharistiefeier und relativ schnell darauffolgend um 19:15 Abendessen. Übrigens sind die Essen immer schweigend (außer an bestimmten Festtagen und Sonntagen) und mit einer Tischlesung, die hier aufgrund der geringen Mönchszahl per Hörbuch vorgetragen wird. Grade hören wir Mittag ein Interview zum Konklave und zum Papsttum, davor eine Sendung zum Genozid an Armeniern 1915/16 und zu den Nachkommen der Überlebenden in Jerusalem. Abends lassen wir uns mit theoretischer Physik von Stephen Hawking beschallen. Um 20:00 Uhr gibt es schließlich die Komplet, das letzte Stundengebet. Jetzt wisst ihr auch ungefähr, wie ein ganz normaler Tag so abläuft. Wenn man diesen Blog ein bisschen weiterliest, merkt man ziemlich schnell, dass das klösterliche Leben nicht nur aus Arbeit und Gebet besteht. Vielmehr zeigt sich ein ausgewogener Rhythmus, in dem auch ausreichend Freizeit ihren Platz findet.

Am Freitagmorgen waren wir im Schwimmbad – auch ein Mönch braucht gelegentlich Bewegung und zieht gerne ein paar Bahnen durch das Wasser. Nachmittags ging es dann wieder an die Arbeit und später gab es eine kleine Einheit zur Benediktsregel für uns Klosterzeitler. Der Samstag begann mit einem Besuch in der Synagoge – ein besonderes Erlebnis, gerade im Kontext dieser Stadt, in der das Judentum so präsent ist. Danach war ich in der Stadt unterwegs, habe viel zu Fuß erkundet und einige Sehenswürdigkeiten angeschaut. Das Wetter war angenehm, sonnig aber nicht zu heiß – perfekt, um sich treiben zu lassen und einfach zu schauen, was einem begegnet.

Die Davidszitadelle von Innen

Sonntag war natürlich Messe und nachmittags ging es für mich zu einer Zitadelle, auch bekannt als "Tower of David". Das Museum dort war beeindruckend – nicht nur wegen der Geschichte, die in den alten Mauern steckt, sondern auch wegen der Art, wie sie erzählt wird. Man bekommt richtig ein Gefühl dafür, wie viele Epochen sich hier überlagern, wie tief die Geschichte dieser Stadt reicht. Falls ihr jemals in Jerusalem seid, kann ich das Museum nur empfehlen.

Die Woche startete ruhig. Montag und Dienstag war ganz normaler Alltag angesagt. Arbeit, Essen, Gebet. Mittwoch haben der andere Klosterzeitler und ich uns nachmittags eine kleine Wanderung auf den Ölberg unternommen. Die Aussicht auf Jerusalem ist natürlich wunderschön und auch einige Kirchen haben wir besucht. In einem Garten vor einer der besagten Kirchen lief ein Priester mit einem Papagei auf der Schulter rum, den wir auf die Hand nehmen durften. Auch sind orthodoxe Kirchen, die ja ihren ganz eigenen Stil haben, immer wieder spannend zu besichtigen. Von dem Ausflug hänge ich ein paar Bilder an.

Danke für das Lesen :)

Ich mit dem Papageien
(Jetzt gibt es auch mal ein
Gesicht hinter dem Blog)

Eine orthodoxe Kirche am Fuße des Ölbergs

Der Ausblick auf Jerusalem

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