Woche 10: Stille im Kloster, Lärm in der Welt

 Willkommen zurück, liebe Leser und Leserinnen.

Die vergangenen Tage waren geprägt von einer Mischung aus Routine und äußeren Spannungen. Die Situation im Nahen Osten bleibt weiterhin angespannt (also alles wie immer eigentlich) , aber es gibt zumindest vorübergehende Zeichen der Entspannung. Seit Dienstag gilt offiziell ein Waffenstillstand zwischen Israel und dem Iran – was genau das bedeutet, bleibt zwar abzuwarten, aber die allgemeine Stimmung ist zumindest ruhiger geworden und die Staaten attackieren sich nicht mehr gegenseitig. Mittlerweile wurden auch alle Einschränkungen aufgehoben, keine Versammlungsverbote mehr, die Schulen haben wieder geöffnet, und auch der Flughafen in Tel Aviv soll in den kommenden Tagen wieder vollständig operieren.

Doch wie letztes Mal auch: Ich schreibe hier keinen Nachrichten oder Politik-Blog, sondern erzähle euch von meiner Klosterzeit, von allen möglichen Momenten, Begegnungen und Eindrücken, die meinen Alltag prägen. Und davon gab es in den letzten Tagen einige.

Am Freitag habe ich meine Aufgabe aus dem letzten Blog weitergeführt: Ich habe mich durch israelische Schekel, Eurocent, amerikanische Pennies, aber auch durch (mittlerweile veraltete) italienische Lire, indische Rupien und mir völlig unbekannte Münzen gearbeitet. Der ganze Prozess ist fast schon ein bisschen meditativ, mit einer Mischung aus Archäologie und Neugier. Ab dem Nachmittag bekam ich dabei Hilfe. Ein anderer deutscher Volontär, der in der Stadt verblieben ist, kam für 3 Tage ins Kloster und half mir bei den Münzen. Der Klosteralltag rundherum – Gebet, Arbeit, Essen– ging seinen üblichen Gang. Samstag blieb es eher ruhig. Wir machten bei den Münzen weiter und verbrachten den Klosteralltag wie gewohnt.

Am Sonntag dann: Erneut Nachrichten über Angriffe. Diesmal waren es Luftschläge der USA gegen Ziele im Iran. Auch wenn es geografisch nicht direkt hier bei uns stattfand, so ist die Spannung doch spürbar. Und trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – war es so gut, dass der Tag für uns im Kloster seinen ganz normalen Rhythmus behielt. Die fest verankerten Gebetszeiten geben einem Halt. Inmitten der Unsicherheit draußen bewahren wir hier drinnen einen anderen Fokus: Auf Gemeinschaft und Glaube.

Montag verlief wieder ganz normal. Der Alltag hatte uns zurück, und ich setzte meine Arbeit an der Münzsammlung fort. Es ist wie gesagt eine ruhige, fast meditative Aufgabe – sortieren, ordnen und ab und zu auch staunen über all die verschiedenen Währungen, die sich hier ansammeln. Der andere deutsche Volontär machte sich am Montagabend auf den Weg zurück in die Klinik, wo er eigentlich arbeitet. Auch der Dienstag war ähnlich ruhig. Morgens erfuhren wir, dass ein Waffenstillstand zwischen Israel und dem Iran verkündet wurde. Natürlich hoffen hier alle, dass er auch hält. Die Stimmung ist vorsichtig optimistisch – die Tage zuvor waren geprägt von Anspannung, jetzt kehrt langsam wieder etwas Ruhe ein. Das merkt man auch in der Stadt. Die Geschäfte öffnen wieder und die Leute kommen wieder raus auf die Straße. Am Abend fuhr der Abt nach Tabgha an den See Genezareth, zu den Brüdern dort. Seitdem sind wir hier nur noch zu dritt. Zwei Mönche und ich sind aktuell noch im Kloster verblieben. Ziemlich bald werden es aber wieder mehr.

Mittwoch machte ich mich am Vormittag auf den Weg zur Post. Auch diese hat inzwischen wieder geöffnet, nachdem sie während der letzten 12 Tage geschlossen war. Auch hier kann man wieder sehen: Das öffentliche Leben nimmt wieder Fahrt auf. Am Nachmittag ging es zum Friseur – das wurde langsam mal Zeit. Danach wieder zurück ins Kloster, weiter Münzen sortieren, Vesper mit Messe, gemeinsames Abendessen. Und zum Abschluss, wie immer, die Komplet. Denn die Komplet macht den Tag komplett.


Danke für das Lesen (:

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